Künstler*innen: Anna Baranowski, Erik Buchholz, Simon Frisch, Rolf Giegold, Jana Gunstheimer, Luise Schröder, Joachim B. Schulze, Thomas Taube, Barbara Toch, Alba d’Urbano, Hannes Waldschütz
Die Ausstellung „Warten auf Gott“ vereint zehn Positionen zeitgenössischer Kunst in den Medien Malerei, Zeichnung, Video, Skulptur und Installation von insgesamt elf international renommierten Künstler*innen aus Berlin, Leipzig, Weimar und Gera. Auf unterschiedliche und individuelle Art und Weise untersuchen die Künstler*innen das komplexe System „GOTT“ und setzen sich dabei auch mit dem Thema Religion in unserer säkularisierten Gesellschaft auseinander. Dabei geht es den Künstler*innen nicht um die Frage nach der Gottesexistenz per se, sondern darum, ob „Gott“ nicht als übergeordneter Begriff für etwas Unerklärliches, Übernatürliches und Transzendentes fungiert. Bereits der Titel der Ausstellung, der auf das berühmte Theaterstück von Samuel Beckett „Warten auf Godot“ aus dem Jahr 1948 rekurriert, verweist auf diesen Schwebezustand zwischen Wissen und Glauben und vor allem auf die immerwährende Frage nach dem Sein.
Viele Künstler*innen greifen in ihren Arbeiten altbekannte Topoi der Kunstgeschichte auf oder knüpfen an christliche Mythen an. Dabei ist die Auseinandersetzung mit Religion und Glaube immer auch eine Beschäftigung mit den eigenen Wurzeln als auch mit gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. So hat sich die italienische Künstlerin Alba d’Urbano, Professorin für Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, in ihrer Videoarbeit „Berufung“ (2010) als Melencolia verkleidet und bezieht sich somit explizit auf den alten Dürer-Topos. Gleichzeitig untersucht sie den Berufungsmythos, der sowohl dem Künstlerberuf als auch dem Priester- oder Pastorenamt innewohnt. Thomas Taube setzt sich in seiner Drei-Kanal-Videoinstallation „Nebensonnen“ (2010/13) mit seiner persönlichen Beziehung zu Kirche und Gott auseinander, indem er in die Rolle sechszehn Heiliger schlüpft, die seine Kindheit begleiteten. Er stellt sich dabei bewusst in die Tradition großer Meister der abendländischen Kunstgeschichte wie z.B. Caravaggio.
Auch die aus Zwickau stammende und in Jena lebende international renommierte Künstlerin Jana Gunstheimer, die 2010 ein Jahr an der Deutschen Akademie der Villa Massimo in Rom arbeitete, setzt sich seit langem mit dem Thema Religion und Glauben auseinander. In ihrer Installation „Licht, Feld, Störung“ (2010/11) kombiniert sie großformatige Zeichnungen mit Hightech-imitierten technischen Geräten wie Plottern. Gunstheimer transformiert dabei sowohl die Realität als auch die dem Duktus alter Meister nachahmende Zeichensprache, indem sie Dinge hinzufügt oder weglässt. Auch Barbara Toch, wohl eine der wichtigsten zeitgenössischen Geraer Künstlerinnen, folgt diesem Schwebezustand wischen Abstraktem und Gegenständlichem in ihrer Arbeit „In der Schwebe“ (2012/13). Mit dem ihr eigenen feinsinnigen Gespür untersucht sie verschiedene Perspektiven, sowohl des Malerischen als auch des Glaubens. Simon Frischs Arbeit „Strenge, Halt und Trost“ (2009/2013) ist hingegen eine Anspielung auf die Funktion der Bilder in Kirchen, die sich durch den Vorhang als religiöses Symbol und kunsthistorisches Motiv zeigt und zwischen der Sphäre des Alltäglichen und des Geistigen vermittelt.
In weiteren Arbeiten manifestiert sich der Titel der Ausstellung „Warten auf Gott“ ganz buchstäblich: So hat der Geraer Künstlers Joachim B. Schulze eine temporäre Installation im öffentlichen Raum realisiert, die als „Wartehäuschen“ konzipiert wurde. Dabei rekurriert er auf den sogenannten „White Cube“, den neutralen, weißen Galerie- bzw. Museumsraum und konterkariert gleichzeitig die gängige Kunstpraxis. Während die Besucher*innen im „Wartenhäuschen“ vergebens auf den Bus warten, ist die „Maschine, die auf Gott wartet“ (2007) von Hannes Waldschütz als wartende Maschine konstruiert und damit ein kritischer augenzwinkernder Kommentar auf die Glaubensfrage in unserer technisierten Gesellschaft. Dahingegen fokussieren die beiden Künstlerinnen Anna Baranowski und Luise Schröder den Akt des „Wartens auf Gott“ in ihrer Videoarbeit „facing the scene“ (2010). Dabei filmen sie nicht das eigentliche Ereignis, sondern die Vor- und Nachbereitungen der Einweihungsfeier der größten Christus-König-Statue Europas in der polnischen Kleinstadt Swiebodzin am 21.10.2010 und offenbaren dabei die Wechselbeziehungen zwischen Modernität und Tradition, Urbanität und Peripherie, Konsumverhalten und moderner Machtdemonstration.